Platt in der Kirche – 2022

Das Projekt „Niederdeutsch im kirchlichen Bereich

Niederdeutsch im kirchlichen Bereich legt den Fokus auf ein Feld, in dem die niederdeutsche Sprache lebendig ist. Das Vorhaben ist darauf ausgerichtet, eine möglichst große Bandbreite mündlicher kirchlicher Texte abzubilden und hörbar zu machen. Vielfalt bezieht sich dabei sowohl auf die Textsorten als auch auf die regionalen Ausprägungen des Niederdeutschen. Seit einigen Jahrzehnten wirkt die Bewegung „Plattdüütsch in de Kark“ darauf hin, die Regionalsprache in kirchliche Zusammenhänge einzubinden. Anwendung findet die Sprache dabei in verschiedenen Kontexten: informell bei der Gemeindearbeit, formell in Gottesdiensten, aber auch medial beim Hörfunk. 
 
Im kirchlichen Kontext kommen verschiedene Altersgruppen in Kontakt mit der Sprache bzw. können auch hier sprachliche Vielfalt leben. Das gilt für den Kinder- und Jugendgottesdienst ebenso wie für Konfirmationen, Trauungen oder Beerdigungen sowie Trauerfeiern. 
 
Plattdeutsche Gottesdienste sind in der Regel besser besucht als hochdeutsche. Dies dürfte auch mit der Vorstellung zusammenhängen, die viele Menschen vom Plattdeutschen haben – als Sprache der Nähe und des Vertrauens. Viele Menschen fühlen sich mit ihren Gefühlen und täglichen Sorgen auf Platt besser angesprochen als auf Hochdeutsch. 

Andachten

Der Verein „Kirche im NDR“ stellte für dieses Projekt Rundfunkandachten zur Verfügung. Bei PLATO werden die Tondateien von Abschriften der niederdeutschen Texte und von hochdeutschen Übersetzungen begleitet.  

Andachten gelten allgemein eine Form der religiösen Besinnung und des Gebets. Üblicherweise werden damit auch kurze Gottesdienste bezeichnet. Radioandachten, mit ihrer Länge von 2 bis 3 Minuten gestalten sich hingegen eher als kurze und prägnante Predigtformen. In Predigten und Andachten geht es um die Verkündigung des Wort Gottes. In den Radioandachten werden dabei zumeist persönliche Erfahrungen mit Gedanken der christlichen Lehre verknüpft: Gott hinterlässt Spuren im alltäglichen Leben.  
Radioandachten erreichen Menschen in ihrem Alltag: sie putzen, sie kochen, sie fahren Auto. Das Radio läuft nebenbei. Zudem laufen die Andachten zwischen Nachrichten und Musik. Genau dort in ihrer Lebensrealität sollen die Menschen erreicht werden. Dabei teilen die Radioandachten Ideen und Gedanken, die zum Nachdenken anregen können.  
Plattdeutsche Radioandachten haben Tradition. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Norddeutschland werden sie seit Jahrzehnten gesendet. Angefangen hat alles im Jahre 1953, als Pastor Dr. Rudolf Muuß die Initiative ergriff und sich für eine plattdeutsche Morgenandacht im Rundfunk einsetzte. Im Oktober gab es eine Probewoche und ab dem Advent wurde schließlich „täglich eine plattdeutsche Morgenandacht von der Ultrakurzwelle Hannover bzw. Flensburg gesendet“. Schließlich haben sich die niederdeutschen Andachten und Sendungen als fester Bestandteil des Sendeprogramms durchgesetzt. Evangelische und katholische Rundfunkreferate der „Kirche im NDR“ senden mit dem Programm „Dat kannst mi glöven“ unter der Woche täglich Andachten. 

Kirchliche Texte

Zehn umfangreiche Beiträge haben Projektmitarbeiter selbst produziert. Dafür wurden zwölf Personen ausgewählt: Pastorinnen und Pastoren, aber auch in der Kirche tätige Laien. Der erste Teil dieser Beiträge umfasst kirchliche Texte liturgischer oder frei gestaltbarer Art.

Diese sind:

  1. Glaubensbekenntnis
  2. Bibeltextauszug
  3. Predigtauszug
  4. Gebet
  5. Lied

Die Textsorten decken unterschiedliche Bereiche der Liturgie und der Praxis ab. Sie wurden vorgegeben, um einige vergleichbare Inhalte zu schaffen. Daneben stehen frei von den Sprecherinnen und Sprechern ausgewählte Texte. 

Interviews

Zehn umfangreichere Beiträge wurden vom Projektpersonal selbst produziert. Dafür wurden zwölf Personen ausgewählt: Pastorinnen und Pastoren, aber auch in der Kirche tätige Laien. Der zweite Teil dieser Beiträge besteht aus einem freien Gespräch der Sprecherinnen und Sprecher mit dem Interviewer, welches sich entlang zweier Leitfragen entfaltet.

Diese sind:

  1. Wat is bi de Arbeit in de Gemeend anners, wenn een Platt snackt (bi Truer, Hochtiet usw.)? 
    Was ist bei der Arbeit in der Gemeinde anders, wenn man Plattdeutsch spricht (bei Trauer, Hochzeiten usw.)?
  2. Woso wählt/snackt Se mit Lüüd in de Gemeend plattdüütsch? Wat geiht op Platt beter as op Hooch? Wat geiht op Platt nich so goot?

Wieso wählst/sprichst du mit den Leuten in der Gemeinde Plattdeutsch? Was geht besser auf Plattdeutsch als auf Hochdeutsch? Was geht auf Plattdeutsch nicht so gut?

In den Gesprächen wird deutlich, dass auch im Bereich Kirche die Verwendung des Plattdeutschen rückläufig ist. Und das überraschenderweise auf der persönlichen Ebene zwischen den Kirchenvertretern auf der einen und den Mitgliedern der Gemeinde auf der anderen Seite. Denn häufig sind es auch hier nur noch „die Alten“, die selbstverständlich Plattdeutsch reden. Selbst Kinder, die im Kindergarten oder in der Schule Platt lernen, übertragen ihr Können nicht auf den Bereich Kirche. Dort wirkt es für sie fremd. 

Auf der liturgischen Ebene hingegen gibt es noch eine deutliche Nachfrage an plattdeutschen Gottesdiensten oder Andachten, denn diese werden auch gerne von Personen besucht, die über keine oder geringe Plattkenntnisse verfügen.

Plattdeutsch

Plattdeutsch hört sich von Dorf zu Dorf anders an. Diese Vielfalt zu dokumentieren, ist ein Anliegen des PLATO-Projekts. Entsprechend wurden für die Andachten Sprecherinnen und Sprecher aus unterschiedlichen Sprachlandschaften ausgewählt. Dabei entstandene Häufungen wurden bei der Wahl der Gesprächspartner für die eigenen Aufnahmen möglichst ausgeglichen. So erklärt sich, dass hier mehr Aufnahmen aus den östlichen und südlichen Regionen vorliegen.

Die Qualität des in den Aufnahmen vorliegenden Plattdeutsch zu beurteilen, ist nicht Ziel des PLATO-Projekts. Allerdings zeigt sich im Vergleich einzelner Sprecherinnen und Sprechern sehr deutlich, dass die Einflüsse aus dem Hochdeutschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Insofern liefern unsere Aufnahmen auch Hinweise auf eine realistische Zustandsbeschreibung der Regionalsprache.

Geschriebenes Platt:

Im PLATO-Projekt stehen grundsätzlich die Hörtexte im Vordergrund. Die schriftlichen Texte dienen einzig dem leichteren Verständnis. Das gilt sowohl für die plattdeutschen Abschriften als auch für die hochdeutschen Übertragungen. 

Bei einem Großteil der Texte haben wir die schriftlichen Vorlagen der Autorinnen und Autoren zugrunde gelegt. Wo es notwendig erschien, wurden sie mit dem Ziel der Lesbarkeit an gängige Konventionen angepasst. Die grundsätzliche Orientierung richtet sich bei westniederdeutschem Platt auf die Schreibweise nach Johannes Sass, bei ostniederdeutschen auf die Vorgaben von Renate Herrmann-Winter.